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19. Mai 2005:

Fronten im DVD-Formatkrieg verhärtet

Der Kampf um das künftige DVD-Nachfolge-Format entwickelt sich zu einer Schlammschlacht. Erst kürzlich hatten japanische Zeitungen behauptet, die Einigung um das DVD-Format der Zukunft stünde unmittelbar bevor. Die Verhandlungen zwischen den Hauptkonkurrenten Sony (Blu-Ray) und Toshiba (HD-DVD) nähmen einen günstigen Verlauf. Mittlerweile scheint man von einem einheitlichen DVD-Format weiter denn je entfernt zu sein. Kein Wunder, denn den beteiligten Konzernen geht es erst in zweiter Linie um die bessere Technik. In erster Linie geht es ihnen um viel Geld.

Verhandlungen ins Stocken geraten
Die Verhandlungen über ein gemeinsames DVD-Format stecken übereinstimmenden Presseberichten zufolge in der Sackgasse. Keines der beiden Lager, hinter denen jeweils große japanische und internationale Konzerne stehen, ist offenbar zu Zugeständnissen bereit. Während Sony und Matsushita von ihrem Blu-Ray-Format nicht abrücken wollen, hält die Gegenseite, hauptsächlich vertreten durch Toshiba, an ihrer HD-DVD als DVD-Format der Zukunft fest. Erst kürzlich hatten japanische Zeitungen über vermeintliche Annäherungen zwischen beiden Lagern berichtet – verfrüht, wie sich jetzt herausstellt. Zwar hatte ein Toshiba-Manager damals öffentlich erklärt: „Falls Sonys Technik sich als effektiver als unsere erweist, wären wir gewillt, deren Mechanismen für eine optische Disk zu akzeptieren“. Doch wirklich ernst gemeint war dieses Statement offenbar nicht.

Sony will aufs Ganze gehen
„Zeitverschwendung“, bringt Toshibas Verhandlungsführer Yoshihide Fujii den gegenwärtigen Stand der Verhandlung griffig auf den Punkt. „Sony konnte nicht genug Argumente dafür vorlegen, dass ihr Format unserem im Bereich der Kosten und Anwendungen überlegen ist“, erklärte Fujii. Toshiba hat der Konkurrenz offenbar Vorschläge für ein gemeinsames Format, einer Mixtur aus Blu-Ray und HD-DVD, vorgelegt. Sony will aber anscheinend aufs Ganze gehen und lehnt es Fujii zufolge ab, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie ein gemeinsamer Standard aussehen könnte.

Wie man einen Maximalprofit erzielt
Die beteiligten Konzerne lassen immer wieder verlautbaren, dass sie aus den Fehlern der Vergangenheit bei der Einführung des Videorekorders gelernt hätten. In den 1980er Jahren konkurrierten drei Formate miteinander: Video 2000, Betamax und VHS. Damals unterlag das von Sony vertriebene Betamax-Format dem VHS-Videorekorder. Sony blieb nichts anderes übrig, als die enormen Summen, die der Konzern in die Entwicklung seines Betamax-Formats investiert hatte, abzuschreiben. Ein über den Markt ausgetragener Kampf der Formate hätte obendrein zur Folge, dass viele Kunden erst einmal die weitere Entwicklung abwarten wollen, bevor sie auf eines der beiden neuen Formate umsteigen und sich neue Geräte anschaffen. Die Konzerne haben aber mittlerweile erhebliche Summen in die Entwicklung der DVD der Zukunft investiert. Die Summen sollen endlich Profite abwerfen. Ein Maximalprofit ist jedoch nur zu erwarten, wenn der Markt nicht durch verschiedene Formate aufgespalten und verunsichert wird.

Die Formatfeinde und ihre Verbündeten
Blu-Ray oder HD-DVD? Welches Format sich am Ende durchsetzen wird, steht längst noch nicht fest. Experten meinen allerdings, Sony hätte mit seinen Blu-Rays derzeit die besseren Karten. „Wenn Toshiba nicht die Struktur der Blu-Ray-Disk übernimmt, werden die Verhandlungen scheitern“, erklärte beispielsweise Hideki Watanabe, Analyst der australischen Investmentbank Macquarie. Sony verkaufe in den USA und Japan bereits seine Blu-Ray-Rekorder und wolle seine neue Playstation 3 mit Blu-Rays bestücken. Toshiba werde seinen ersten HD-DVD-Rekorder erst gegen Ende dieses Jahres ausliefern. Außerdem verfüge Sony in der Elektronikbranche über den größeren Rückhalt. Hinter Sonys Blu-Ray-Format stehen Konzerne wie Matsushita, Samsung oder Dell und als Inhalteanbieter die beiden großen Hollywood-Studios Disney und 20th Century Fox. Toshiba hat lediglich NEC sowie Sanyo auf seiner Seite, kann sich derzeit aber auch der Unterstützung durch die beiden Filmfirmen Warner und Universal sicher sein.

Japanisches Wirtschaftsministerium schaltet sich ein
Die beteiligten Konzerne verbinden mit dem neuen DVD-Format Gewinnerwartungen in Milliardenhöhe – Gewinne die auch der japanischen Wirtschaft insgesamt zugute kämen. Deshalb hat das japanische Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie angekündigt, dem Streit nicht länger tatenlos zuzusehen, sondern sich aktiv in die Verhandlungen einzuschalten. Ein erster Erfolg wurde laut Financial Times Deutschland bereits erzielt. Die Weiterführung der ins Stocken geratenen Verhandlungen soll von den beiden beteiligten Konzernen jetzt zur Chefsache erklärt worden sein – was angesichts der weit reichenden Konsequenzen dieser Verhandlungen womöglich längst überfällig war.

Technik und Lizenzen
Der Betamax-VHS-Konflikt der 1980er Jahre hat gezeigt, dass sich in einem solchen Formatstreit nicht das technisch bessere, sondern dasjenige Format durchsetzt, dass mit der größeren Marktmacht durchgedrückt wird. Das VHS-Format konnte sich am Ende durchsetzen, obwohl es dem Betamax-System technisch unterlegen war. Auch beim DVD-Format der Zukunft spielt Technik nur auf Expertenebene eine Rolle. Die Entscheidungen trifft das Management. Hier geht es nicht um den qualitativ besseren Standard, hier geht es allein um Geld und zu erwartende Profite, zumal alle beteiligten Konzerne große Summen in die Entwicklung ihres Formats investiert haben. Profite erzielt man nicht nur durch den Verkauf von Rekordern oder DVDs, sondern auch durch die Lizenzen, die die jeweiligen Konzerne an den einzelnen technischen Verfahren besitzen. Sollten sich die Konzerne tatsächlich auf ein gemeinsames Mischformat einigen, so wird dabei ein Format herauskommen, in das jeder der beteiligten Konzerne so viel von der eigenen Technik, sprich: den eigenen Lizenzen, unterbringen möchte wie technisch nur irgend möglich. Der Streit um die Formate entpuppt sich so als Streit um die Lizenzen.

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