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20. April 2005:

Big Brother im Büro

Die Angst vor Datenklau und –Datenmissbrauch geht in deutschen Unternehmen um. Deshalb überwachen offenbar immer mehr Chefs die Arbeitsplatzcomputer ihrer Mitarbeiter. Der Datendieb sitze nämlich oft im eigenen Betrieb, meinen viele Chefs und vermuten mittlerweile hinter jedem vierten Sicherheitsverstoß die eigenen Mitarbeiter. Das jedenfalls behauptet eine kürzlich veröffentlichte Internet-Trendumfrage der Hamburger Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting. Das Interessante daran: Die befragten Arbeitnehmer haben offenbar Verständnis für die Überwachung ihrer Arbeitsplätze. Dennoch lässt die Untersuchung viele Fragen offen.

Arbeitnehmer im Visier
Die deutschen Chefs werden offenbar immer misstrauischer. Schuld sind die Angriffe der vergangenen Jahre durch Viren, Würmer, Trojaner und andere Schadprogramme. Das Thema IT-Sicherheit bekommt in den deutschen Chefetagen deshalb einen immer höheren Stellenwert. Im Visier der Chefs stehen dabei zunehmend auch die eigenen Mitarbeiter. Rund vierzig Prozent der befragten Arbeitnehmer gaben an, ihr Arbeitsplatz-PC werde derzeit vom Chef überwacht. Bei einer vergleichbaren Umfrage aus dem Jahre 2003 hatten dies nur rund dreißig Prozent der Befragten angegeben. Die Dunkelziffer ist vermutlich hoch. Denn nicht jeder Chef informiert seine Mitarbeiter über seine Schnüffelmaßnahmen. Rechtlich ist die Arbeitsplatzüberwachung zwar nur in begründeten Einzelfällen zulässig. Doch wo kein Kläger ist, sprich: wo der Arbeitnehmer nichts von der Überwachung weiß, da ist auch kein Beklagter. Auf das Problem der Dunkelziffer geht die Erhebung der Hamburger Unternehmensgruppe Steria Mummert Consulting allerdings nicht ein.

Private Nutzung von Betriebs-PCs wird zunehmend geregelt
Ein Dorn im Auge ist den deutschen Chefs insbesondere die private Nutzung des Arbeitsplatz-PCs. Schadprogramme schleichen sich vielfach gerade dann ein, wenn der Arbeitnehmer persönliche Emails abfragt, privat Instant Messenger sowie Filesharingprogramme benutzt oder zu ausgedehnten Surftouren durchs World Wide Web von seinem Arbeitsplatz-PC aus abhebt. Deshalb wird die private Nutzung der Firmen-PCs immer häufiger durch Einzel- oder Betriebsvereinbarungen geregelt. Hatte im Jahre 2003 nur jeder dritte befragte Arbeitnehmer eine Vereinbarung über die private Nutzung des Internet mit seinem Arbeitgeber unterschrieben, ist es in diesem Jahr bereits mehr als die Hälfte. Zwanzig Prozent der Befragten wussten nicht, ob es eine entsprechende betriebliche Regelung gibt, und nur 25 Prozent gaben an, dass die private Internetnutzung betrieblich nicht geregelt sei.

Die meisten Arbeitnehmer zeigen sich verständnisvoll
Erstaunlich ist, dass sich die Mehrheit der befragten Arbeitnehmer offenbar anstandslos in die Karten gucken lässt. Die Akzeptanz betrieblicher Überwachungsmaßnahmen ist laut Trendumfrage bei den Arbeitnehmern nämlich erstaunlich hoch. Immerhin 56 Prozent der Befragten zeigen Verständnis dafür, dass sie von ihrem Arbeitgeber per Schnüffelprogramm überwacht werden. Im Vergleich zu einer Umfrage, die Mummert Consulting im Jahr 2003 durchführen ließ, hat sich unter den Arbeitnehmern damit das Verhältnis von Gegnern und Befürwortern einer Überwachung fast umgekehrt. Bei der Erhebung vor zwei Jahren gaben nämlich gerade erst 44 Prozent der befragten Arbeitnehmer an, für Überwachungsmaßnahmen Verständnis zu haben.

Nur ein Trend
Die Trendumfrage der Mummert Consulting AG wurde vom 10. bis 28. März dieses Jahres durchgeführt. Befragt wurden insgesamt 289 Internetnutzer. Wissenschaftlich abgesicherte, repräsentative Ergebnisse kann eine solche Umfrage naturgemäß nicht liefern. Sie kann allerdings insbesondere im Vergleich zu ähnlich gelagerten Untersuchungen Trends aufzeigen, die dann allerdings genauer zu untersuchen wären. Exakt das leistet diese Umfrage nicht. So bleibt als Ergebnis übrig, dass offenbar immer mehr Chefs ihre Mitarbeiter überwachen lassen und dass die meisten Arbeitnehmer dafür anscheinend Verständnis haben. Um welche Form der Überwachung es sich dabei handelt und wie diese Überwachungsmaßnahmen konkret durchgeführt werden, danach haben die IT-Trendforscher leider nicht gefragt.

Ist totale Überwachung eigentlich erlaubt?
Die Trendforscher aus Hamburg haben es auch versäumt, den rechtlichen Hintergrund für solche Überwachungsmaßnahmen aufzurollen. Dass der Chef spioniert, ist die eine Sache. Ob er das rechtlich gesehen überhaupt darf, ist eine völlig andere. Die deutsche Rechtsprechung lässt die Überwachung am Arbeitsplatz grundsätzlich nämlich nur in begründeten Einzelfällen zu. Vor diesem Hintergrund bekommt die Trendumfrage eine ungeahnte Brisanz. Wenn nämlich tatsächlich immer mehr Chefs die Arbeitsplatz-PCs ihrer Mitarbeiter prophylaktisch überwachen lassen, verstoßen sie möglicherweise gegen geltendes Recht, das eine Totalüberwachung der Arbeitnehmer nicht erlaubt. Nach herrschender Juristenmeinung ist der Einsatz von Überwachungssoftware grundsätzlich verboten, und zwar selbst dann, wenn in einer Firma die private Nutzung der Betriebs-PCs ausdrücklich untersagt ist. Andernfalls würden das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten sowie das Fernmeldegeheimnis verletzt. Natürlich dürfen Firmen ihre Netzwerke überwachen, um z. B. Viren- und Hackerangriffe abzuwehren. Auch zentrale Backups sind erlaubt. Software zur Überwachung der Arbeitnehmer darf aber nur dann eingesetzt werden, wenn im Einzelfall der begründete Verdacht auf eine strafbare Handlung besteht.

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