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30. November 2005:

Demografische Zeitbombe bedroht Musikindustrie

Wenn die derzeit meist jugendlichen Nutzer von Tauschbörsen ins finanzkräftige Erwachsenenalter kommen, dann wird es der Musikindustrie finanziell schlecht ergehen – glaubt man dem „European Music Consumer Survey, 2005“, eine Untersuchung, die das US-Umfrageunternehmen JupiterResearch zur Entwicklung des Konsumverhaltens von Musikfans durchgeführt hat. Danach droht der Musikindustrie eine demografische Zeitbombe. Die Chancen für schlechte CD-Verkäufe stehen demnach gut.

Gekaufte CDs zunehmend irrelevant
Demografie oder Bevölkerungswissenschaft ist laut Wikipedia eine wissenschaftliche Disziplin, „die sich mit dem Leben, Werden und Vergehen menschlicher Bevölkerungen befasst“. Auch Tauschbörsennutzer sind Menschen und nicht, wie die Unterhaltungsindustrie zuweilen glauben machen will, in erster Linie Verbrecher, die ihnen den Profit beschneiden wollen. Rund ein Drittel der Europäer im Alter zwischen 15 und 24 Jahren soll laut JupiterResearch derzeit zu den Nutzern von Musiktauschbörsen zu zählen sein. Für diese Gruppe werde das Medium „gekaufte CD“ zunehmend irrelevant. CDs werden als zu teuer eingeschätzt. Deshalb besorge man sich die Musik eher kostenlos aus dem Internet oder kopiere sie sich von Freunden.

Zahlungskräftige Konsumentenschicht geht verloren
JupiterResearch unterstellt nun bei dieser Gruppe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine gewisse Starrköpfigkeit im Hinblick auf ihr Konsumverhalten. Wer schon in jungen Jahren das Kaufen von Musik-CDs ablehne, werde nie ein regelmäßiger, d.h. zahlungsfreudiger Kunde der Musikindustrie. Das wiege umso schwerer, als diese Gruppe von Kaufverweigerern in absehbarer Zeit zur besonders konsumfreudigen Käuferschicht aufsteigen werde. Wenn die jugendlichen Nutzer von Musiktauschbörsen älter werden, bestehe laut Mark Mulligan, Analyst bei JupiterResearch, die Gefahr, dass sie ihr Konsumverhalten trotz besser gefüllter Brieftaschen nicht ändern. Der Musikindustrie ginge damit eine besonders zahlungskräftige Konsumentengruppe dauerhaft verloren.

Eindimensional
Eine solche Studie steht auf ziemlich wackeligen Beinen. Sie unterstellt erstens, dass einmal gefällte Konsumentscheidungen nicht revidierbar sind und quasi lebensprägend sind. Das ist eine reichlich waghalsige Argumentation – es sei denn man unterstellt, dass die mediale und juristische Hetzjagd der Musikindustrie auf die Nutzer von Musiktauschbörsen eine derartig traumatisierende Wirkung entfaltet, dass die von ihr Betroffenen künftig um jeden CD-Shop instinktiv einen weiten Bogen machen. Zweitens fragt die JupiterResearch-Studie nicht nach den Gründen für die Kaufverweigerung. Sie bleibt somit eindimensional und schiebt alles auf eine wie auch immer geartete Kostenlosmentalität. Dass Tauschbörsennutzer für die Ex-und-Hop-Produkte der internationalen Musikindustrie möglicherweise aus Gründen mangelnder Produktqualität nichts oder zumindest nicht die derzeit verlangten hohen Preise zahlen möchten, bleibt völlig unberückichtigt. Außerdem setzt die Studie Musiktauschbörsennutzer grundsätzlich mit Nicht-Käufern gleich – eine ebenso waghalsige Annahme. Andere Studien belegen, dass gerade Tauschbörsennutzer zu den eifrigeren Käufern von Musik-CDs zählen.

Nur 10 Prozent wollen für Downloads zahlen
Ein interessantes Schlaglicht wirft die Studie allerdings auf die Frage, ob und inwieweit sich legale, kommerzielle Online-Musikläden gegenüber dem illegalen, aber kostenlosen Filesharing behaupten können. JupiterResearch will herausgefunden haben, dass lediglich zehn Prozent der europäischen Konsumenten bereit seien, für Musikdownloads auch zu bezahlen – eine erstaunlich niedrige Zahl. Dazu passt das Ergebnis, dass die Zahl der illegalen Filesharer laut JupiterResearch dreimal so groß sein soll wie die Anzahl der zahlenden Kunden bei kommerziellen Online-Musikläden wie dem iTunes Music Store und anderen. Auch hier wird nicht nach den Ursachen gefragt. Übrig bleibt somit eine Studie, die zwar viele Zahlen präsentiert, aber entweder die falschen Fragen oder die richtigen Frage falsch gestellt hat.

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