Der Heise-Verlag hat die nächste Runde im Konflikt mit der deutschen Musikindustrie eingeläutet. Der Konflikt um die Zulässigkeit eines Links auf den Hersteller eines Kopierschutzknackers wird demnächst vor dem Bundesverfassungsgericht ausgetragen. Der Heise-Verlag will Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München einlegen. In diesem Urteil hatte das OLG eine Entscheidung des Landgerichts München bestätigt, wonach der News-Dienst heise online den Softwarehersteller Slysoft nicht verlinken darf. Heise sieht sich in unzulässiger Weise in seiner grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit eingeschränkt.
Werbung für Kopierschutzknacker?
Wenn es um das Urheberrecht geht, kennt die deutsche Musikindustrie kein Pardon. Als heise online über einen neuen Kopierschutzknacker der Softwarefirma Slysoft berichtete, schlugen acht Unternehmen der deutschen Musikindustrie Alarm und ließen Heise insbesondere wegen eines direkten Links auf die Slysoft-Firmenhomepage abmahnen. Der Bericht beinhalte obendrein eine Anleitung zum Raubkopieren und sei im Übrigen unzulässige Werbung für die Slysoft-Kopierschutzknacker, meinten die Anwälte der Musikindustrie. Der Heise-Verlag mochte dieser Argumentation nicht folgen und wies die Abmahnung zurück. Anschließend beantragten die acht Unternehmen aus der Musikindustrie eine einstweilige Verfügung gegen Heise, die es dem Verlag verbieten sollte, den fraglichen Artikel weiterhin zu veröffentlichen.
Teilerfolge für Heise
Das zuständige Landgericht München wies das Ansinnen der Musikindustrie mit Urteil vom 7. Mai 2005 (LG München I, Az.: 21 O 3220/05) ab. Der Artikel dürfe weiterhin veröffentlicht werden. Nur der fragliche Link zu Slysoft müsse entfernt werden. heise online habe durch diesen Link gegen das deutsche Urheberrechtsgesetz verstoßen. Werbung für Kopierschutzknacker ist laut § 95a Abs. 3 UrhG verboten. Die Firma Slysoft, deren Webseiten nicht in Deutschland gehostet werden, betreibe auf ihrer Homepage unerlaubte Werbung für in Deutschland verbotene Produkte – Werbung, die heise online mit seinem Link „willentlich und adäquat kausal“ unterstütze. Heise wertete das Urteil als Teilerfolg, ging aber wegen der Entscheidung in Sachen Linksetzung in Berufung. Das Oberlandesgericht München schloss sich am 28. Juni dieses Jahres dem vorinstanzlichen Urteil an (Az.: 29 U 2887/05). Der Link, den Heise übrigens mittlerweile entfernt hatte, blieb verboten.
Verlag sieht Pressefreiheit in Gefahr
Der Heise-Verlag sieht sich durch die beiden Münchner Gerichtsurteile in seinem Grundrecht auf Pressefreiheit verletzt. Hyperlinks seien für Online-Texte und –Nachrichten essenziell und deren eigentlicher Mehrwert gegenüber Artikeln in Zeitschriften und Zeitungen, erklärte Christian Persson, Chefredakteur von heise online, die Position seines Verlags. Die Pressefreiheit werde in unzulässiger Weise eingeschränkt, „wenn nun Redakteure in jedem Einzelfall genau prüfen müssen, ob verlinkte fremde Inhalte die Rechte irgendeines Dritten verletzen könnten“, erläuterte Persson weiter. Die Folge werde sein, dass die Qualität der Online-Berichterstattung sinke, weil künftig weniger Links gesetzt würden.
Einschränkung des Pressefreiheit laut OLG rechtens
In ihren Urteilsbegründungen waren LG und OLG München auch auf diese Argumentation eingegangen. Auf die grundrechtlich garantierte Pressefreiheit könne sich heise online nicht berufen, hatten die Richter argumentiert. Die Pressefreiheit werde durch das deutsche Urheberrecht wirksam eingeschränkt. Das Link-Verbot sei daher rechtens. Die davon ausgehende Einschränkung der Pressefreiheit sei hinnehmbar, weil der Heise-Verlag davon gewusst habe, dass die verlinkte Webseite rechtswidrigem Handeln dient. Der Heise-Verlag hat übrigens noch bis zum 12. September Zeit, seine Verfassungsbeschwerde beim höchsten deutschen Gericht einzureichen. Eine Stellungnahme der deutschen Musikindustrie lag bis dato noch nicht vor.
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