„Offensichtlich unbegründet“ – So entschied der Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages über einen Einspruch, den der Frankfurter Software-Ingenieur Ulrich Wiesner gegen den Einsatz von Wahlcomputern bei der letzten Bundestagswahl im September 2005 erhoben hatte. Begründung: Wiesner stützt sich nur auf allgemeine Vorbehalte gegen Wahlcomputer, kann jedoch keine konkreten Fehler bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahlen nachweisen. Wiesner will nun beim Bundesverfassungsgericht Beschwerde einreichen.
1831 Wahlcomputer
Bei der Bundestagswahl im Dezember letzten Jahres kamen Wahlcomputer in 1831 der rund 80.000 Stimmbezirke zum Einsatz – so auch im Stimmbezirk, zu dem Ulrich Wiesner gezählt wurde. Wiesner hatte sich nach der Wahl an den zuständigen Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages gewandt und Einspruch gegen den Einsatz von Wahlcomputern erhoben. Konkrete Mängel bei der Wahl konnte er nicht nachweisen. Darum ging es dem Frankfurter auch nicht. Er begründete seinen Einspruch vielmehr mit der grundsätzlichen Unvereinbarkeit zwischen freien, geheimen und öffentlich kontrollierten Wahlen mit dem Einsatz von Wahlcomputern.
Einsatzbedingungen
In seinem Wahleinspruch hatte Wiesner die Bedingungen aufgelistet, unter denen seiner Meinung nach Wahlcomputer nur zum Einsatz kommen dürften. Die „zum Einsatz kommenden Geräte (müssten) einschließlich ihrer Software in einem öffentlichen Zulassungsverfahren begutachtet werden“. Die Gutachten müssten der Öffentlichkeit zugänglich sein. Die Authentizität der eingesetzten Software müsse im Wahllokal bei jedem einzelnen Wahlcomputer unmittelbar vor dem Wahlgang öffentlich verifiziert werden. Zudem sollten „alle Prüfunterlagen aus dem Zulassungsverfahren einschließlich der Konstruktionsunterlagen, des Quellcodes der zum Einsatz kommenden Software der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“.
Keine öffentliche Kontrolle
Geschehe dies nicht, dann wäre das Prinzip der öffentlichen Wahlkontrolle verletzt, denn niemand könne überprüfen, ob die eingesetzten Geräte die abgegebenen Stimmen „richtig“ zählen. Am Wahlabend erhalte man nur das fertig ausgezählte Ergebnis. Wie es zustande gekommen sei, könne man nicht mehr ermitteln. Damit werde Wahlmanipulationen Tür und Tor geöffnet. IT-Experte Ulrich Wiesner vergleicht einen Wahlcomputer mit einer Bank, die nur noch den monatlichen Kontostand mitteilt und keine Auszüge mehr verschickt. Wie der Kontostand letztlich zustande kommt, lasse sich nicht mehr nachvollziehen. Der Wahlcomputer stellt schließlich keine Belege aus. Ein nachträgliches Rückverfolgen des Wählerverhaltens ist nicht möglich.
Einspruch abgelehnt
Der Wahlprüfungsausschuss lehnte Wiesners Einspruch aus formalrechtlichen Gründen ab. Eine materielle Prüfung fand nicht statt, da Wiesner keine konkreten Wahlmängel vorlegen konnte. Offensichtlich unbegründet ist eine Wahlbeschwerde immer dann, wenn sie keine konkreten Mängel und Fehler, sondern nur allgemeine Bedenken vorbringt. Es sei kein konkreter Wahlfehler vorgetragen worden, erklärte der SPD-Abgeordnete Carl-Christian Dressel, der die Entscheidung als Berichterstatter vorbereitet hatte. Die Entscheidung fiel in nichtöffentlicher Sitzung und muss noch vom Bundestag bestätigt werden.
Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht
Wiesner zeigte sich heise online zufolge von der Entscheidung des Wahlprüfungsausschusses nicht überrascht. Er kündigte an, Beschwerde gegen die Entscheidung einzureichen und sich mit seinem Einspruch somit ans Bundesverfassungsgericht zu wenden. Hier würde dann voraussichtlich entschieden, ob der Einsatz von Wahlcomputern – wie von Wiesner behauptet – tatsächlich verfassungswidrig ist.
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