Alle glauben Google
Bibliothekare bringen’s besser
Bibliothekare sind auf Suchmaschinen oft nicht gut zu sprechen. Das hat Gründe. „Es gibt Grenzen bei den Suchmaschinen“, meint etwa Marilyn Parr von der US-Library of Congress. „Man gibt ‚Thomas Jefferson’ in eine beliebige Suchmaschine ein und erhält Tausende Treffer. Wie aber soll man dann diejenigen Treffer mit zuverlässigen Informationen von denen unterscheiden, die nicht einfach nur die persönliche Meinung irgendeines Webmasters widerspiegeln?“ Mit ihrer rhetorischen Frage möchte Marilyn Parr für die Nutzung von Bibliotheken werben. Dort könne man sich durch Bibliothekare fachkundig beraten und bei der Schlagwortsuche helfen lassen. Informationen, die man auf diesem Weg erhalte, seien sehr viel zuverlässiger als das meiste, was man in den ersten fünf Ergebnislinks bei der Websuche präsentiert bekomme.
Gefragt ist Suchmaschinenkompetenz
Natürlich hat Marilyn Parr Recht. Und Unrecht gleichermaßen. Die Beratung durch Bibliothekare und die gezielte Suche in modernen Bibliotheken laufen der Websuche immer noch den Rang ab. Doch das eigentliche Problem liegt derzeit weniger in der Unzuverlässigkeit der großen Suchmaschinen, was die Relevanz, Glaubwürdigkeit und sachliche Richtigkeit ihrer Suchergebnisse anbelangt. Ihre Betreiber geben sich alle Mühe, ihre Suchalgorithmen immer stärker zu verfeinern und die Ergebnisse zuverlässiger zu machen. Trotzdem werden dem Suchmaschinennutzer die gesuchten Informationen auch künftig nicht in den Schoß fallen. Gefragt ist Suchmaschinenkompetenz. Oder anders ausgedrückt: Wie geht man richtig mit Suchmaschinen um?
90 Prozent suchen mit Google
Zugriffsstatistiken des Internetbeobachters WebHits zufolge nutzen 86,3 Prozent der Deutschen für ihre Websuche nur eine einzige Suchmaschine: Google. Addiert man diejenigen Suchmaschinen wie AOL, T-Online oder Freenet hinzu, die ihre Ergebnisse auch aus dem Google-Suchindex beziehen, dann kommt die US-Suchmaschine locker auf über 90 Prozent. Suchen im Web ist für deutsche Surfer gleichbedeutend mit „per Google suchen“. Dass jede Suchmaschine die Informationsflut mit anderen, jeweils spezifischen Suchalgorithmen durchforstet, folglich auch andere Suchergebnisse liefert und deshalb bei jeder ausgedehnteren Websuche unbedingt zu Rate gezogen werden sollte, ist den wenigsten Deutschen offenbar bekannt. Sie glauben Google und seinen Suchergebnissen völlig blind.
Rassisten „informieren“
Ein Versuch in den USA hat erneut gezeigt, wie falsch die Ergebnislisten auch und gerade bei Google sein können. Wer bei Google USA beispielsweise als Suchbegriff den Namen des schwarzen US-Bürgerrechtlers „Martin Luther King“ eingab, erhielt von der Suchmaschine eine Zeitlang eine rassistische Webseite mit „der Wahrheit über Martin Luther King“ als allererstes Ergebnis vorgesetzt. Bei Microsofts Windows Live Search stand diese dubiose Seite auf Platz 2 der Suchergebnisliste. Sachlich fundierte Informationen gab es erst auf den nächsten Ergebnislinks.
Algorithmen sind Geschäftsgeheimnisse
Das Problem ist der richtige Umgang mit Suchmaschinen und ihren Ergebnislisten. Chris Sherman von SearchEngineWatch spricht von Informationsanalphabetismus. Geglaubt wird, was Google präsentiert. „Man findet Informationen online und fragt sich nicht, ob sie valide sind oder nicht“, meint Sherman. Auch weiß der durchschnittliche Nutzer nichts über die Arbeitsweise von Suchmaschinen, von der Art, wie sie das Netz durchforsten und wie sie die Informationen, die sie finden, einschätzen, sortieren und dem Nutzer am Ende in ihren Ergebnislisten präsentieren. Der Prozess des Suchmaschinenrankings ist dabei ebenfalls völlig undurchschaubar – nicht nur für den Laien, sondern auch für den Experten. Denn die Algorithmen, die für die Rangfolge der Suchergebnisse sorgen, werden nicht veröffentlicht. Aus „gutem“ Grund: Sie gelten als Geschäftsgeheimnisse der privatwirtschaftlich organisierten Suchmaschinenbranche.
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