Musikpiraten kaufen mehr CDs
Tauschbörsennutzung und CD-Verkauf
In Kanada wird wie überall in der Welt über die Auswirkungen des digitalen Zeitalters auf das Urheberrecht diskutiert. Auch die kanadische Regierung beschäftigt sich mit dem Urheberrecht, in dem auch die urheberrechtlich relevanten Fragen zur Nutzung von Tauschbörsen geregelt werden. Während sich Regierungen in anderen Ländern lieber auf die Einflüsterungen der Lobbyverbände der Rechteinhaber verlassen, wollte die kanadische Regierung offenbar Nägel mit Köpfen machen. Sie gab eine Studie in Auftrag, die den Zusammenhang zwischen Tauschbörsennutzung und CD-Verkauf untersuchen sollte. Die Ergebnisse liegen nunmehr auf dem Tisch und lassen aufhorchen.
2000 befragte Nutzer
Die Studie wurde von Wissenschaftlern der University of London gemeinsam mit dem kanadischen Marktforschungsunternehmen Decima Research sowie Industry Canada durchgeführt. Befragt wurden zwischen April und Juni 2006 mehr als 2000 Kanadier. Die Wissenschaftler wollten wissen, welchen Zusammenhang es zwischen dem Downloadverhalten von Musiktauschbörsennutzern und deren CD-Kaufverhalten gibt. Die Ergebnisse wurden unter dem Titel „The Impact of Music Downloads and P2P-File-Sharing in the Purchase of Music“ veröffentlicht – zu deutsch: Es wurde der Einfluss von Musik-Downloads und Filesharing auf den Verkauf von Musik untersucht.
Zusätzliche Verkäufe
Die Ergebnisse der Untersuchung lassen sich auf den Nenner bringen: Nutzer von Online-Musiktauschbörsen kaufen mehr CDs als diejenigen Internetnutzer, die um kostenlose, aber illegale Musiktauschbörsen einen großen Bogen machen. Die Wissenschaftler können dieses Ergebnis auch mit exakten Zahlen belegen. Auf 12 Songs, die aus Tauschbörsen heruntergeladen wurden, kommen statistisch gesehen 0,44 zusätzlich verkaufte CDs. Außerdem haben die Forscher ermittelt, dass rund die Hälfte der aus Tauschbörsen bezogenen Songs dem Probehören vor dem Kauf einer CD dienten. Sie wurden nur zu diesem Zweck heruntergeladen. Hinzu komme, dass es sich bei den heruntergeladenen Songs vielfach um Titel handelte, die im regulären Handel einzeln nicht erhältlich waren. Ein gutes Viertel der heruntergeladenen Songs sei im normalen Handel überhaupt nicht verfügbar gewesen, sagen die Autoren der Studie.
Weitere Faktoren
Die Ergebnisse der Studie lassen sich allerdings nicht auf die kanadische Gesamtbevölkerung hochrechnen. Es wird bei Filesharing-Nutzern zwar eine erhöhte Kaufbereitschaft festgestellt. Es gebe aber keinen Zusammenhang zwischen der Zahl der heruntergeladenen Songs und dem Kaufverhalten der Gesamtbevölkerung, so die Autoren der Untersuchung in ihrem Ergebnisbericht – kein Wunder. Das CD-Kaufverhalten wird nicht nur von Musiktauschbörsen beeinflusst, sondern auch durch andere Faktoren wie etwa die gesteigerten Privatausgaben für Computerspiele oder Handys. Natürlich wirkt sich auch der Ladenpreis auf die CD-Umsätze aus.
Ausgeglichenere Gesetze?
Nun sei die Musikindustrie am Zug, heißt es in kanadischen Weblogs. Sie müsse, wenn sie glaubwürdig bleiben wolle, das Gegenteil dessen beweisen, was die unabhängige Untersuchung herausgefunden hat, und zu diesem Zweck jene Formel offen legen, die die Musikindustrie benutze, um ihre angeblich horrenden Verluste durch Tauschbörsennutzer zu berechnen. Auch die Regierung sei nunmehr gefordert, heißt es. Ausgeglichenere Gesetze, die sich nicht nur am Profitstreben der Musikindustrie orientierten, seien nunmehr erforderlich.
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