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05. Juli 2005:

Softwarepatente vor dem Aus?

Pünktlich zu den Beratungen im Europäischen Parlament über die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen meldeten sich noch einmal lautstark die großen IT-Konzerne zu Wort, um das Abstimmungsverhalten der Parlamentarier zu beeinflussen. Ihr Tenor: Entweder ein gutes Gesetz oder gar keines. Unter „gut“ verstehen Konzerne wie Philips, Nokia oder Siemens eine Richtlinie, die der vom EU-Rechtsausschuss erarbeiteten Vorlage entspricht. Diese macht Software weit gehend patentierbar. Überraschenderweise zeichnet sich nach der heutigen 2. Lesung der Vorlage im EU-Parlament ein Scheitern der Richtlinie ab. Endgültig abgestimmt wird morgen.

EU-Richtlinie komplett ablehnen
Das EU-Parlament hat heute in zweiter Lesung über die Vorlage zur Patentierbarkeit so genannter „computerimplementierter Erfindungen“ beraten. Morgen wird darüber endgültig abgestimmt. Neben der Vorlage, die der EU-Rechtsausschuss kürzlich erarbeitet hat und die sich weit gehend die Positionen der Befürworter von Softwarepatenten zu Eigen macht, liegen dem Parlament erneut zahlreiche Änderungsanträge vor. Überraschenderweise zeichnet sich eine erforderliche absolute Mehrheit für einen Änderungsantrag ab, der von den europäischen Liberalen eingebracht worden war. Der Antrag sieht vor, den umstrittenen, patentfreundlichen Richtlinienvorschlag des EU-Ministerrates komplett abzulehnen. Das gesamte Gesetzgebungsverfahren wäre somit gescheitert. Für diesen Antrag sprechen sich derzeit offenbar vier Parlamentsfraktionen aus. Ob er in der morgigen Abstimmung tatsächlich die erforderliche absolute Mehrheit findet, bleibt abzuwarten.

„Ein gutes Gesetz oder gar keines“
Eigenem Bekunden zufolge sind die großen IT-Konzerne keineswegs unglücklich über diese mögliche Wendung. Vor die Alternative gestellt, eine ihrer Meinung nach „verwässerte“ Richtlinie oder gar keine Patentierungsrichtlinie akzeptieren zu müssen, wäre ihnen letzteres am allerliebsten. Dementsprechend wurden die EU-Parlamentarier aufgefordert, die zahlreichen Änderungsvorschläge am ursprünglichen Richtlinienentwurf rigoros abzulehnen. Jede Änderung berge Risiken für das künftige Wachstum in der Branche und könne deshalb eine signifikant hohe Zahl an Arbeitsplätzen kosten. „Wir sollten ein gutes Gesetz haben, oder gar keines“, erklärte etwa eine Sprecherin von Philips. Ein nach den Vorstellungen der Großindustrie „gutes“ Gesetz würde die Patentierbarkeit „computerimplementierter Erfindungen“ weit gehend erlauben. Nur Patente auf „reine Software“ wären zumindest formal nicht möglich, was die Softwarepatentgegner vehement bestreiten. Die Vorlage des Rechtsauschusses sei insbesondere bei der Frage, inwieweit der Technikbegriff eine Rolle für die Patentierbarkeit spielen solle, viel zu weit gefasst. Im Grunde werde mit der Vorlage auch Trivialpatenten Tür und Tor geöffnet.

Kein neuer Richtlinienentwurf
Mittlerweile meldet die Nachrichtenagentur Reuters, dass die Euopäische Kommission keinen neuen Richtlinienentwurf aus dem Hut zaubern werde, falls das EU-Parlament in der morgigen Abstimmung der Softwarepatentrichtlinie mit der erforderlichen Mehrheit eine Abfuhr erteilt. Das erklärte der EU-Kommissar für wirtschaftliche Angelegenheiten Joaquin Almunia. Er versuchte mit diesem Statement ein letztes Mal parlamentsöffentlich Druck auf die Abgeordneten auszuüben. Eine Ablehnung der Vorlage würde sich gegen das Ziel richten, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu verbessern, hieß eines der Argumente, die die Befürworter von Softwarepatenten immer wieder gerne auffahren, um ihren eigenen Interessen den gehörigen Nachdruck zu verleihen.

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© Alfred Krüger http://www.akrue.de/