Goldesel MySpace.com
106 Millionen Mitgliederprofile
MySpace.com ist cool. Immer noch. Über einen Mangel an Mitgliedern oder gar Mitgliederschwund kann das interaktive Community-Portal derzeit nicht klagen. Das Aushängeschild dessen, was vielfach mit dem Begriff Web 2.0 umschrieben wird, verwaltet rund 106 Millionen Mitgliederprofile. Und täglich werden es mehr. Darunter befinden sich rund drei Millionen Musikkünstler, die die Plattform schon jetzt nutzen, um sich bekannt zu machen und ihre Songs kostenlos unter die Leute zu bringen.
Geld verdienen mit MySpace
MySpace.com ist allerdings kein karitativer Verein, der sich um arbeitslose Künstler kümmert. MySpace.com will auch nicht sozial isolierten Mitmenschen via Internet zu neuen Freunden verhelfen. Denn MySpace.com wird nicht von ehrenamtlichen Sozialarbeitern betrieben. MySpace.com gehört zur Unternehmensgruppe des ultrakonservativen US-amerikanischen Medienmoguls Rupert Murdoch und soll in allererster Linie Geld verdienen. Das Community-Portal ist auf dem besten Weg, sich für Murdochs News Corporation zu einem fleißigen Goldesel zu entwickeln.
Google und MySpace kooperieren
Der erste Schritt ist längst getan. Kürzlich schloss die News Corporation einen 900 Millionen US-Dollar schweren Vertrag mit Suchmaschinen- und Werbekönig Google ab. Der Vertrag sieht vor, dass Google seine kontextbezogenen Werbeanzeigen auf den Webseiten von MySpace.com platzieren darf – ein für beide Unternehmen mehr als lukratives Unterfangen. Google erreicht mit einem Schlag 106 Millionen neue Kunden und schüttet sie mit Werbung zu. Und News Corporation kassiert bei jedem Klick auf Googles Anzeigen munter mit.
MySpace kassiert bei jedem Download mit
Demgegenüber ist die Ankündigung, jetzt auch Musik vertragsloser Künstler online vertreiben zu wollen, kommerziell von minderer Bedeutung, aber immens ausbaufähig. Zunächst ist nur daran gedacht, den Künstlern eine kommerzielle Vertriebsmöglichkeit für Musiktitel anzubieten, deren Rechte nicht bei der Musikindustrie, sondern bei den Künstlern selbst liegen. Von ihrer MySpace-Profilseite aus können sie ihre Songs verkaufen. Der Künstler bestimmt den Preis, und die MySpace-Betreiber kassieren bei jedem verkauften Song mit. „Wir glauben, dass wir damit Geld verdienen können“, erklärte Amit Kapur von MySpace gegenüber der Washington Post. „Aber der größte Teil des Geldes fließt an die Künstler.“
Ehemaliger Napster-Entwickler sucht nach schwarzen Schafen
Kein Online-Verkauf von Musik ohne Kontrolle. Damit auf MySpace auch tatsächlich alles mit rechten Dingen zugeht und nicht „aus Versehen“ urheberrechtlich geschütztes Material gehandelt wird, haben die MySpace-Betreiber die kalifornische Firma Snocap mit der Prüfung der als MP3-Dateien angebotenen Musiktitel beauftragt. Snocap gehört Napster-Entwickler Shawn Fanning und verfügt über eine riesige Datenbank, mit deren Hilfe es möglich ist, urheberrechtlich geschützte Dateien zu ermitteln und anschließend vom Verkauf via MySpace auszuschließen.
Konkurrenz für iTunes?
Mit ihrem neuen Service haben die MySpace-Betreiber noch viel vor. Die Plattform soll sich eigenem Bekunden zufolge zu einem „der größten digitalen Musikshops“ entwickeln und insbesondere dem Branchenprimus iTunes Konkurrenz machen. „Definitiv jeder, mit dem wir gesprochen haben, wünscht sich eine Alternative zu iTunes“, erklärte Chris deWolfe, einer der MySpace-Gründer, gegenüber der US-Tageszeitung New York Times. MySpace.com will sich zu dieser Alternative entwickeln. David Card, Analyst beim US-Marktforschungsunternehmen Jupiter Research ist da noch skeptisch. Die über MySpace vertriebenen Dateien seien weder kopiergeschützt noch mit einem digitalen Rechtemanagement versehen. Etablierte Künstler würden sich gegenwärtig also schwer tun, ihre Musik künftig auch über das kalifornische Community-Portal zu vertreiben. Vermutlich haben die findigen MySpace-Betreiber aber auch dafür längst eine akzeptable Lösung in der Tasche, die sie demnächst medienwirksam präsentieren.
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