Soll es ein Recht auf Privatkopien geben? Wie wird künftig mit Raubkopierern umgegangen? Wird es einen privaten Auskunftsanspruch der Musikindustrie gegenüber Internetprovidern geben? Dies waren die drei Hauptfragen, mit denen sich Vertreter der vier großen Bundestagsfraktionen kürzlich auf einer Podiumsdiskussion am Rande der Berliner Musikmesse Popkomm beschäftigten. Einigkeit herrschte darüber, dass es unmöglich sei, Privatkopien vollständig abzuschaffen. Uneinig waren sich die Politiker allerdings darüber, wie das Recht auf Privatkopie konkret ausgestaltet werden sollte. Auch in der Frage der strafrechtlichen Verfolgung von so genannten Musikpiraten wurde kein Konsens erzielt. Sympathien für die Einführung einer Kulturflatrate scheint offenbar mit Ausnahme der Grünen niemand zu haben.
Soll es ein Recht auf Privatkopien geben?
Am 27. September dieses Jahres wurde der „Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ der Öffentlichkeit vorgelegt. Kernstücke dieses Entwurfs sind u. a. die Frage der Zulässigkeit von Privatkopien sowie eine verschärfte Gangart gegenüber Musikpiraten: Up- und Downloads urheberrechtlich geschützter Werke sollen künftig explizit verboten sein. In der Frage der Privatkopien herrschte zwischen den Politikern der Podiumsdiskussion am Rande der Popkomm insoweit Einigkeit, als dass ein explizites Verbot von Privatkopien nicht durchsetzbar sei. Günter Krings, in der CDU-Fraktion zuständig für die Urheberrechtsreform, sprach dementsprechend von einer rechtlichen Duldung – ebenso sein SPD-Kollege Dirk Manzewski. Jerzy Montag von den Grünen war völlig anderer Meinung. Er sprach sich für ein Recht auf Privatkopien aus: „Wenn man ein Werk rechtmäßig erworben hat, muss es auch die Möglichkeit geben, sich Kopien für die private Nutzung zu ziehen.“ Dies müsse im Grunde auch für kopiergeschützte Werke gelten.
Streitpunkt Auskunftsrecht der Musikindustrie
Der Referentenentwurf vom 27.9. sieht für Bagatellfälle bei Downloads aus Musiktauschbörsen einen Strafausschließungsgrund vor, wenn das Überspielen einzelner Songs in geringem Umfang und ausschließlich zu privaten Zwecken vorgenommen wird. Jerzy Montag begrüßte diese Klausel ebenso wie die Entscheidung, dass die Musikindustrie keinen privaten Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern auf Herausgabe von Kundendaten haben solle. Widerspruch erhielt der Grüne von Günter Krings (CDU), der diesen Auskunftsanspruch für unbedingt erforderlich hält, um die illegalen Tausch von Musiktiteln wirksam einzudämmen. Nicht konkret festlegen mochte sich offenbar der FDP-Vertreter Hans-Joachim Otto. Er verwies auf ein französisches Modell, nach dem sich Provider und Vertreter der Rechteindustrie in privaten Absprachen über Streitigkeiten bei Auskunftsansprüchen zu einigen versuchen.
Kulturflatrate noch nicht ganz vom Tisch
Das Thema „Kulturflatrate“ spielte während der Podiumsdiskussion am Rande der Popkomm offenbar keine Rolle. Vom Tisch ist diese Forderung aber trotzdem noch nicht. Auf einer Veranstaltung zum Thema „Kompensation oder Kontrolle“, die von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung organisiert worden war, kam dieses Thema erneut auf den Tisch. Katja Husen vom Bundesvorstand der Grünen vertrat die Ansicht, dass die Kulturflatrate, also die pauschale Abgabe auf alle Breitband-Internetanschlüsse, erstens mit der EU-Urheberrechtsrichtlinie in Einklang stünde und zweitens die Kulturflatrate einer umfassenden Kontrolle durch datenschutzrechtlich bedenkliche Digital-Rights-Management-Systeme vorzuziehen sei. Eine solche Kulturflatrate setzt allerdings voraus, dass der Begriff der Privatkopie auch den Tausch kopierter Werke einschließe, solange damit keine kommerziellen Absichten verbunden sind. Das letzte Wort scheint hier also noch nicht gesprochen zu sein, obwohl bei realistischer Betrachtung die Chancen für die Einführung einer pauschalen Kulturflatrate reichlich schlecht stehen. Die Musikindustrie will davon nämlich überhaupt nichts wissen.
Zurück zur News-Übersicht