Morpheus will wieder zur beliebtesten Tauschbörse werden. Eine neue Suchtechnologie soll’s möglich machen. Während Suchanfragen beispielsweise bei Kazaa jeweils nur in einem Ausschnitt des gesamten Netzwerks suchen, soll mit der neuen Neonet genannten Suchtechnologie das gesamte Netzwerk durchsucht werden. Prinzipiell wird damit jede Datei im Netzwerk in kürzester Zeit aufzuspüren sein. Experten gehen davon aus, dass diese neue Suchtechnologie die Effektivität von Internettauschbörsen erheblich verbessern könnte. Ganz so neu ist diese Technologie allerdings nicht. Auch bei eDonkey oder eMule findet sie bereits Verwendung.
Kazaas Suchtechnologie ist veraltet
Die Zeiten sind vorbei, in denen die Musiktauschbörse Morpheus weltweit ganz oben in der Gunst der Filesharer-Gemeinde stand. Kazaa lief dem Konkurrenzunternehmen bald den Rang ab – kein Wunder, fiel der Name „Kazaa“ doch in beinahe jedem Artikel, der sich mit Internettauschbörsen beschäftigte. Ebenso wie Google für Suchmaschinen wurde Kazaa schnell zum Synonym für Filesharing. Mittlerweile sinken die Nutzerzahlen der Musiktauschbörse Kazaa. Ursache dürften nicht zuletzt die Klagen der US-amerikanischen und der deutschen Musikindustrie speziell gegen Kazaa-Nutzer sein. Andere Filesharing-Systeme wie beispielsweise eDonkey sind demgegenüber auf dem Vormarsch. Sie stehen zwar ebenso wie Kazaa unter der „Aufsicht“ der Musikindustrie und werden regelmäßig auf illegal verbreitete, urheberrechtlich geschützte Musik- und Filmdateien hin abgesucht. Trotzdem erfreuen sie sich wachsender Beliebtheit. Ursache dürfte nicht nur sein, dass sich Musikpiraten hier vor Entdeckung sicherer fühlen als bei Kazaa. Systeme wie eDonkey besitzen eine bessere Suchfunktion als die mittlerweile veraltete Technik, derer sich Kazaa noch immer bedient.
Suchen und Finden im Netzwerk
Die US-Filesharing-Firma StreamCast Networks, die Morpheus vertreibt, will mit ihrer neuen Neonet genannten Suchtechnologie die Suche nach Dateien revolutionieren. Erklärtes Ziel ist es, selbst entlegene, im Netzwerk möglicherweise sogar nur in einer einzigen Kopie vorhandene Dateien aufzuspüren – und zwar in kürzester Zeit. Während beispielsweise Kazaa immer nur einen Ausschnitt des gesamten Netzwerks durchsucht und das Auffinden seltener Dateien deshalb relativ schwierig, wenn nicht sogar unmöglich ist, will die Neonet-Technologie schnell und flächendeckend suchen – ohne dass durch die Weiterleitung und Verteilung der einzelnen Suchanfragen an die zum Netzwerk zusammengeschlossenen PCs das Traffic-Aufkommen unzumutbar groß wird. Denn genau hier liegt das Problem dezentral organisierter Filesharing-Netzwerke wie Gnutella oder FastTrack.
Suchanfragen lähmen dezentrale Netzwerke
Während die erste Generation der Filesharingnetzwerke (siehe Napster) noch mit zentralen Servern arbeitete, an die sämtliche Suchanfragen zu richten waren, war die zweite Filesharing-Generation dezentral organisiert. Die Suche wurde dadurch schwieriger. Denn Suchanfragen wurden nunmehr vom Prinzip her solange von Computer zu Computer weitergeleitet, bis die gesuchte Datei gefunden war. Das dadurch verursachte extrem hohe Traffic-Aufkommen lähmte diese Netzwerke. Die Lösung lag darin, nicht mehr das gesamte Netzwerk, sondern nur noch Teilbereiche abzusuchen. Dadurch wurde das Netzwerk entlastet, diese Mainstream-Suche konnte jedoch nur noch Dateien finden, die sich im durchsuchten Teilbereich befanden. Die dritte Generation von Filesharing-Software hat einen Ausweg aus dieser Suchmisere gefunden.
Schnappschüsse erleichtern die Suche
Des Rätsels Lösung heißt (seltsamerweise) „weitere Dezentralisierung“. Filesharing-Systeme wie Chord, eDonkey oder die aktualisierte Morpheus-Version benutzen so genannte „Distributed Hash Tables“ (verteilte Hash-Tabellen). Im Prinzip sind diese Netzwerke so organisiert, dass ständig „Schnappschüsse“ des gesamten Netzwerkes gemacht werden, die darüber Aufschluss geben, wo sich zu einem gegebenen Zeitpunkt welche Dateien befinden. Diese Informationen werden nicht zentral gespeichert, sondern in einzelne Teilstücke zerhackt und als solche auf den einzelnen Computern im Netzwerk abgelegt. Suchanfragen gehen zunächst an einen beliebigen Computer im Netzwerk. Der hat möglicherweise mehr Informationen darüber, wo sich die gesuchte Datei befindet, und reicht die Suchanfrage entsprechend weiter, bis am Ende die gesuchte Datei gefunden wurde. Diese „informierte Suche“ belastet also nicht jeden Teilnehmer im Netzwerk, sondern richtet sich nur an die Nutzer, die detailliertere Informationen über den Speicherort der gesuchten Datei haben. Man fragt also nicht mehr blindlings und der Reihe nach ab, sondern tastet sich gezielt vor.
Stabilität im instabilen Netz
Die spezielle Neonet-Technologie, die in anderer Variante auch bei eDonkey oder Chord zu finden ist, wurde von den beiden Harvard-Studenten Ben Wilkin und Francis Crick entwickelt, letzterer übrigens Enkel des gleichnamigen Nobelpreisträgers. Anwendungsmöglichkeiten für ihre Technologie sehen die beiden Entwickler nicht nur beim Filesharing, sondern beispielsweise auch bei der Internettelefonie. Netzwerke setzen sich aus Millionen von Computern zusammen. Neue Netzteilnehmer kommen hinzu, andere verlassen das Netz. Die Neonet-Technologie könnte in einem solchen „instabilen“, seine Zusammensetzung ständig ändernden Netzwerk dazu benutzt werden, trotzdem Stabilität zu erreichen und die Weiterleitung von „Telefonanrufen“ problemlos zu ermöglichen. Der Zustand des Netzes wird ständig neu ermittelt, und die Informationen darüber werden über „verteilte Hash-Tabellen“ im gesamten Netz verbreitet, sodass die Verbindung zwischen zwei PCs übers Netzwerk auch dann nie ins Leere laufen kann, wenn PCs im Netzwerk abgeschaltet werden. In diesem Falle werden die Verbindungen in Sekundenbruchteilen einfach umgeleitet.
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