Microsoft produziert sich gern als Saubermann, der Anrüchiges bzw. das, was er für anrüchig hält, am liebsten konsequent aus seinem Netz verbannen möchte. Es darf deshalb kaum verwundern, dass der von Microsoft via MSN kürzlich gestartete kostenlose Weblog-Service „MSN Spaces“ die Weblogtitel seiner Nutzer auf anzügliche Worte hin kontrolliert. Blogger sprechen von Zensur – einer Zensur übrigens, die nicht recht funktionieren will. So werden einerseits zwar bestimmte anrüchige Worte in den Namen von Weblogs verboten, nicht minder anrüchige Begriffe werden andererseits sehr wohl erlaubt.
MSN-Suche filtert Sucheingaben
Microsoft gibt sich gern familienfreundlich. So erfolgte beispielsweise die Schließung aller MSN-Chats im letzten Jahr u. a. mit dem Hinweis auf jugendgefährdende und pornografische Inhalte. Selbst beim Suchen gebärdet sich das Microsoft Network zumindest in Deutschland eher prüde. Bestimmte anrüchige Begriffe, die bei anderen Suchmaschinen und selbst bei ausländischen Varianten der MSN-Suche problemlos durchgehen, liefern bei der neuen deutschen MSN-Suche keine Ergebnislisten, sondern nur eine Hinweisseite, auf der der Nutzer erfahren kann, dass bei Verwendung des eingegebenen Suchwortes möglicherweise sexuelle Inhalte ausgegeben werden. Der von MSN verwendete Wortfilter funktioniert jedoch nur lückenhaft und lässt sich obendrein auch noch umgehen, wenn man seine Suche verfeinert und zwei Suchbegriffe gleichzeitig eingibt.
Einfach – praktisch – gut?
Den neuen Weblog-Dienst „MSN Spaces“ gibt es erst seit ein paar Tagen. Doch scheint bereits jetzt festzustehen, dass MSN auch hier mit Wortfiltern arbeitet. „Böse“ Worte sind bei „MSN Spaces“ offenbar verboten. Der Weblog-Dienst von MSN steht kostenlos in vierzehn Sprachen zur Verfügung und soll die Führung von Weblogs möglichst einfach gestalten. Technische Kenntnisse seien nicht erforderlich, heißt es bei Microsoft. Um dem neuen Service gleich vom Start weg eine große Zahl potenzieller Nutzer zu bescheren, ist der Weblog-Dienst eng mit Microsofts Emailservice Hotmail sowie mit dem MSN Messenger verknüpft. Eingebunden wird im Übrigen auch der Online-Musikshop „MSN Music“.
MSN Spaces mag keine schmutzigen Worte
Ob Microsoft mit seinem Weblog-Service tatsächlich den angepeilten Erfolg haben wird, bleibt fraglich. Denn gerade Blogger reagieren in aller Regel allergisch, wenn es um Eingriffe von außen in die Führung ihrer Weblogs geht. „Wenn man in einem Blog nicht frei sprechen kann”, fragte etwa das populäre US-Blog “BoingBoing”, “warum sollte man dann überhaupt eines haben?“ Die Bloggerin Xenia Jardin machte die Probe aufs Exempel und probierte diverse „schmutzige“ Worte bei MSN Spaces aus. Dabei stellte sie fest, dass sechs von sieben Worten, die die US-amerikanische Medienaufsicht FCC im Fernsehen verboten hat, auch bei MSN Spaces nicht verwendet werden dürfen. Wer in einem Weblog-Namen oder in einer URL diese Worte – aus welchem Grund auch immer – trotzdem verwenden möchte, hat schlechte Karten. Der MSN-Filter erlaubt bestimmte „schmutzige“ Worte mit sexueller Konnotation nicht. Andere nicht minder anrüchige Begriffe sind dagegen erlaubt.
Ein Filter voller Ungereimtheiten
Wer beispielsweise bei MSN Spaces ein Blog zum Thema Pornografie und Gesetzgebung führen möchte, muss sich einen anderen Service suchen. „Pornography“ ist im Titel eines Weblogs nicht erlaubt. Über „Sex“ darf man dagegen gern und ausführlich schreiben. Hier springen die MSN-Wortfilter in den USA nicht an – dafür aber in Deutschland. Eine deutsche Weblog-URL, die den Begriff „Sex“ enthält, ist offenbar nicht erlaubt. Auch sonst steckt dieser Filter voller Ungereimtheiten und lässt sich obendrein noch dadurch umgehen, dass man für bestimmte Begriffe einfach eine „mildere“ Vokabel sucht. So ist zwar „ass“ verboten, das offenbar weniger anstößige Wort „butt“ ist allerdings erlaubt.
MSN filtert und schweigt
Eine Stellungnahme von Microsoft liegt noch nicht vor – und ist, wie die Erfahrungen mit der MSN-Suche zeigen, wohl auch nicht zu erwarten. MSN filtert (schlecht) und schweigt. Worüber sich MSN im Übrigen nicht ausschweigt, sind die allgemeinen Geschäftsbedingungen für seinen Weblog-Dienst. Hier räumt sich der Konzern laut Netzeitung alle Rechte an den Weblog-Einträgen ein und nimmt sich gar das Recht, Einträge verändern zu dürfen. Freie Meinungsäußerung sieht prinzipiell ganz anders aus.
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