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07. Juli 2006:

Sicherheitspolitischer Dammbruch

Das geplante Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz schlägt hohe Wellen. Datenschützer aus Bund und Ländern machen vehement Front gegen die Pläne der Großen Koalition, die Befugnisse der bundesdeutschen Geheimdienste zu erweitern und ihnen mehr Überwachungs- und Datenzugriffsrechte auch bei der Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen im Inneren zu gewähren. Das sei „eine sehr undifferenzierte Befugniserweiterung“, erklärte Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, gegenüber der Frankfurter Rundschau. Seine Kollegen aus den Ländern finden noch weitaus schärfere Worte für das geplante Gesetz. Die Grünen sprechen von einem „sicherheitspolitischen Dammbruch“. Auch die Kritik an der geplanten EU-weiten Datenspeicherung auf Vorrat reißt nicht ab.

Ausweitung der BND-Befugnisse geplant
Schwarzrot vollendet, was Rotgrün so trefflich vorbereitet hat. Auf diese kurze Formel lassen sich die derzeitigen innenpolitischen Pläne der schwarzroten Bundesregierung bringen. Ihr Ziel ist es, die Befugnisse der bundesdeutschen Nachrichtendienste erheblich auszuweiten. So soll der Bundesnachrichtendienst (BND) künftig nicht nur auf Auslandseinsätze beschränkt bleiben, sondern auch im Inland Aufklärungsarbeit leisten. Zu diesem Zweck sollen seine Befugnisse zur Datenbeschaffung erheblich ausgeweitet werden. Zugriffsrechte sollen auf die Daten von Luftfahrtgesellschaften, Banken, Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen gewährt werden. Für die Inlandsnachrichtendienste gilt Entsprechendes. Laut Bundesregierung hätten sich die bisherigen Überwachungsregelungen des Terrorismusbekämpfungsgesetzes bewährt. Sie sollen beibehalten und um die neuen Kompetenzen für den BND erweitert werden.

„Hochproblematisch“
Bundesdatenschützer Peter Schaar erhob in der Frankfurter Rundschau nun erhebliche Bedenken gegen das geplante Terrorismusbekämpfungs-Ergänzungsgesetz und die Ausweitung der Befugnisse des BND auch auf das Inland. Die Große Koalition führe „ohne Not und mit großer Pauschalität eine sehr undifferenzierte Befugniserweiterung der Nachrichtendienste ein“, wird der oberste Datenschützer zitiert. Seine Kollegen aus den Bundesländern gehen in ihrer Kritik zum Teil noch weiter. Es sei „hochproblematisch“, das einst zur Terrorbekämpfung geschaffene Gesetze nun – wie von Union und SPD geplant – auch zur Abwehr extremistischer Bestrebungen wie Aufrufen zu Gewalt oder Hass eingesetzt werden sollen. „Da kommen wir in den Bereich, wo die Meinungsfreiheit berührt ist“, erklärte der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix gegenüber der Frankfurter Rundschau.

„Nicht akzeptabel“
Eine ähnliche Kritik kommt auch aus Nordrhein-Westfalen. Die Zugriffsrechte der Geheimdienste auf Telefon-, Post- und Bankdaten seien 2002 mit Terrorismusbekämpfung begründet worden. „Nun sollen sie zu Alltagsinstrumenten der Verfassungsschutzarbeit werden“, kritisierte die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol. „Das ist nicht akzeptabel.“ Die Grünen gehen noch einen Schritt weiter und nennen das Gesetzesvorhaben „einen sicherheitspolitischen Dammbruch“. Der frühere Koalitionspartner reiße alle Grenzen ein, die Rotgrün den Geheimdiensten mit ihren Anti-Terror-Gesetzen auferlegt hatte.

Datenspeicherung auf Vorrat weiter in der Kritik
Neben der Kritik an den geplanten Erweiterungen der so genannten Antiterrorgesetzgebung hagelt es derzeit auch wieder Kritik an der geplanten EU-weiten Datenspeicherung auf Vorrat. Hier hat sich kürzlich der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix zu Wort gemeldet. Bevor die EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt werde, sollte sie noch einmal gründlich geprüft werden, fordert Dix. Zumindest solle die Bundesregierung noch die Klagen der beiden EU-Länder Irland und Slowakei abwarten. Er schlägt deshalb ein Moratorium vor, bis die Klagen entschieden sind. Irland und die Slowakei hatten gegen die EU-Richtlinie Klage erhoben, weil sie der Meinung sind, dass die Richtlinie auf einer falschen Rechtsgrundlage basiere. Dix warf dem Deutschen Bundestag vor, er habe es versäumt, eine Beteiligung an diesen Klagen prüfen zu lassen. Daneben geht Dix davon aus, dass die geplante Speicherung von sämtlichen Standort- und Verbindungsdaten auf Vorrat weder mit dem Grundgesetz noch mit geltendem EU-Recht zu vereinbaren sei. Der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ werde dadurch ausgehöhlt und die Bevölkerung pauschal unter Generalverdacht gestellt.

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© Alfred Krüger http://www.akrue.de/