Mit stumpfen Schwertern gegen Spam
Bedrohung erreicht völlig neue Dimension
Seit 2003 lädt der deutsche ECO-Verband zu seinen Anti-Spam-Summits ein. Hier pflegt man Bilanz zu ziehen über das Ausmaß und die Bedrohung durch Spam. Außerdem wird regelmäßig darüber diskutiert, wie man das Spam-Problem eindämmen könne. Die Bestandsaufnahme sah in diesem Jahr sehr düster aus. Die Bedrohung durch Spam, Phishing & Co. habe eine völlig neue Dimension erreicht, heißt es in einem Resümee des ECO-Verbandes. „Besorgniserregend sind dabei insbesondere die ansteigende kriminelle Energie der Täter und deren wachsende Professionalität sowie die immer raffinierteren Betrugsmethoden“, erklärte ECO-Vorstand Oliver J. Süme.
Betrugsfälle steigen um 50 Prozent
Süme konnte sein düsteres Resümee durch aktuelle Zahlen belegen. Allein in Berlin sei die Zahl der Betrugsfälle im Vergleich zum Vorjahr um fünfzig Prozent gestiegen. „Im ersten Halbjahr dieses Jahres wurden 153 Fälle mit einem Gesamtschaden von rund 730.000 Euro registriert“, nannte Süme Zahlen. Bei der Spambeschwerdestelle des ECO-Verbandes gingen täglich über dreihundert Beschwerden über Spammails ein. 15 bis 20 Prozent dieser Beschwerden beträfen Phishing-Attacken – Tendenz laut Franz Ackermann, Mitarbeiter der ECO-Beschwerdestelle, nach wie vor steigend.
Raffiniert, professionell, international organisiert
Als wesentliche Erkenntnis des Kölner Kongresses präsentiert der ECO-Verband die im Grunde seit längerem bekannte Tatsache, dass die Täter im Bereich Phishing immer raffinierter, professioneller und international organisiert zu Werke gingen. Die gefälschten Mails, mit denen Nutzer auf manipulierte Webseiten gelockt werden sollen, seien für den Laien längst nicht mehr als Fälschung zu erkennen. Auch die Bedrohung durch das so genannte Pharming habe erheblich zugenommen. Die massenhaft als Spam verbreiteten Pharming-Mails transportieren Schadprogramme in den Rechner des Empfängers, die seine Host-Datei so manipulieren, dass er trotz richtiger Webadresse auf einer gefälschten Betrugswebseite landet.
Was tun – wer zahlt?
Was ist gegen Spam zu unternehmen? Auch diese Frage kam wie in jedem Jahr aufs Tablett. Antworten gab es viele. Insbesondere die Internetprovider sollten in die Pflicht genommen werden, hieß es. Sie sollten verhindern, dass von ihren Kunden Spam ins Netz gepustet würde. Gesetzliche Regelungen sollten die Provider zwingen, mehr gegen spammende Kunden zu unternehmen. Auch die Polizeibehörden sollten verstärkt in den Anti-Spam-Kampf eingeschaltet werden. Dafür benötigten sie jedoch ein entsprechend höheres Budget, um beispielsweise auch qualifizierte Fachleute einstellen zu können. Letztlich laufen diese Vorschläge darauf hinaus, mehr Geld sowohl auf Seiten der Provider als auch auf Seiten der Ermittlungsbehörden zur qualifizierten Spambekämpfung auszugeben. Initiativen des Gesetzgebers zur Spambekämpfung sind deshalb immer an der Frage zu messen, ob und inwieweit gleichzeitig genügend finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden bzw. ob die Kostenfrage geregelt ist.
Selbstregulierung statt neuer Gesetze?
Im Übrigen übt der ECO-Verband herbe Kritik an der geplanten Novellierung des bundesdeutschen Telemediengesetzes. Mit der geplanten Anti-Spam-Regelung werde „dem Konsumenten suggeriert, dass etwas gegen Spam und moderne Betrugsmethoden unternommen wird“, erklärte ECO-Vorstand Süme. Angesichts der aktuellen Entwicklungen und der akuten Bedrohungssituation werde sich die geplante Regelung jedoch „als stumpfes Schwert von Gestern“ erweisen, das allenfalls Behörden mit Arbeit belasten wird. Spam werde lediglich als Ordnungswidrigkeit eingestuft, kritisierte Süme weiter. Man vergesse dabei die strafrechtliche Dimension. Im Übrigen setzt der ECO-Verband auf Selbstregulierungsmaßnahmen der Wirtschaft. Nationale und internationale Zusammenarbeit in Sachen Spam-Bekämpfung seien „die bessere Lösung“.
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