Schmähkritik in Online-Foren
Teuer, überlaufen und chaotisch
Katie Lambert traute ihren Augen nicht, als sie auf den Yellow Pages von AOL einen gehässigen Eintrag über ihr Gymnastikstudio entdeckte. Ihr Studio sei viel zu teuer, völlig überlaufen und die Organisation dort sei total chaotisch. Katie Lambert hatte diesen Eintrag erst nach dem Hinweis eines Kunden entdeckt. Offenbar wartete der anonyme „Kritiker“ nur darauf, dass jemand seine Schmähkritik zu widerlegen versuchte. Denn jedes Mal, wenn zufriedene Kunden eine positive Kritik bei AOL veröffentlichten, schoss der anonyme Poster scharf zurück.
Schuld war eine ehemalige Kundin
Die Situation wurde für Katie Lambert aus Westwood, Massachusetts, immer schlimmer. In ihrer Not wandte sie sich direkt an AOL. Dort erreichte sie nichts. Der Internetprovider und Portalanbieter stellte sich taub. Lambert wurde von einem Mitarbeiter zum nächsten verwiesen. Keiner konnte oder wollte ihr helfen. Durch einen Zufall entdeckte die Unternehmerin, wer hinter den aggressiven Postings steckte: eine ehemalige Kundin, die ihren Vertrag mit dem Sportstudio vorzeitig gekündigt hatte und nun nicht bereit war, die bei vorzeitiger Vertragskündigung vereinbarte Summe von 100 Dollar zu zahlen. Lamberts Anwalt schrieb die Kundin an und verlangte, dass die Schmähkritik sofort aufhören müsse. Die Kundin war offenbar beeindruckt. Die kritischen Postings wurden gelöscht.
Immer öfter Schmähkritik
„Unternehmen sollten das Internet regelmäßig auf kritische Postings hin durchsuchen“, rät Katie Lambert – offenbar mit Recht. Denn Lambert ist kein Einzelfall. Immer öfter werden Unternehmen in Verbraucherforen oder auf anderen Webseiten mit Schmähkritik überzogen, die in der Realität keine Entsprechung findet. Es geht nicht um berechtigte Kritik etwa in Verbraucherforen. Solche Kritik ist für den Konsumenten nützlich und hilfreich – solange sie tatsächlich der Realität entspricht.
Finanzielle Schäden
Doch immer mehr Postings stammen nicht von enttäuschten, „unabhängigen“ Konsumenten, sondern von missliebigen oder entlassenen Mitarbeitern sowie von der Konkurrenz, heißt es in der US-amerikanischen Tageszeitung New York Times. Betroffen sind nicht nur Unternehmen, sondern auch Schriftsteller, Politiker oder andere Personen im öffentlichen Rampenlicht. Solche Statements „irritieren“ nicht nur die Leser oder verdrehen die Realität, sie können den betroffenen Unternehmen auch einen handfesten finanziellen Schaden zufügen.
Kleinbetriebe oftmals machtlos
Betroffen sind besonders kleinere Unternehmen, deren Inhaber sich in rechtlichen Dingen weniger gut auskennen. Während die Rechtsanwälte der großen Unternehmen Schmähkritik (oder solche, die die Unternehmensleitung dafür hält) mit juristischen Mitteln schnell zum Schweigen bringen können, haben die Inhaber kleinerer Firmen oft weder die finanziellen Mittel noch das Wissen, um sich juristisch zur Wehr zu setzen. Barry Werbin, ein New Yorker Rechtsanwalt, der sich auf Urheberrechtsverletzungen spezialisiert hat, meint, man dürfe auf solche Schmähkritik keinesfalls antworten. Das würde den „Kritiker“ nur dazu ermuntern weiterzumachen. Das Beste sei, die Kritik einfach zu ignorieren.
Einfach ignorieren?
Das ist womöglich leichter gesagt als getan. Denn die Online-Poster legen eine beachtliche Kreativität an den Tag, um ihren Opfern zu schaden. Manche äußern sich nur kritisch über angeblich mangelhafte Produkte und Dienstleistungen einer Firma. Andere gehen so weit, Firmengeheimnisse, von denen sie Kenntnis haben, öffentlich auszuplaudern oder Gerüchte über „unethisches“ Verhalten des Unternehmens zu verbreiten.
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