Der Rechtsstreit um das berühmt-berüchtigte Eolas-Patent geht in die nächste Runde. Microsoft hat fristgerecht gegen jenes Urteil vom August vergangenen Jahres Berufung eingelegt, das den Softwarekonzern wegen Patentverletzung zur Zahlung einer Summe von 521 Millionen an die kalifornische Firma Eolas verpflichtet hatte. Microsoft hat gute Chancen auf Erfolg. Denn das fragliche US-Patent Nr. 5,838,906 wurde vom zuständigen US-Patentamt Anfang März 2004 vorläufig aufgehoben. Eolas hat dieser Entscheidung widersprochen.
Schlüsseltechnologie betroffen
Der Patentrechtsstreit zwischen Microsoft und Eolas bzw. der Universität von Kalifornien, die das fragliche Patent an Eolas lizenziert hat, geht nun schon ins fünfte Jahr. 1999 klagte Eolas gegen den Redmonder Softwarekonzern, weil dieser in seinem Internet Explorer eine Technologie nutze, auf die Eolas bzw. die Universität von Kalifornien ein Patent besäßen. Es geht um Techniken zum nahtlosen Einbinden von Plug-ins und Applets in Webseiten. Besondere Brisanz erhielt dieser Konflikt u. a. dadurch, dass die fraglichen Techniken nicht nur im Internet Explorer aus dem Hause Microsoft, sondern auch von allen anderen Webbrowsern verwendet werden. Der Patentrechtsstreit betrifft also eine Schlüsseltechnologie des World Wide Web.
US-Patentamt hebt Eolas-Patent auf
Nachdem die Firma Eolas im August letzten Jahres vor Gericht Erfolg hatte, schaltete sich auch das W3C in den Konflikt ein. In einem Brief an das US-Patentamt forderte Tim Berners-Lee höchstpersönlich die erneute Überprüfung des Eolas-Patents. Er begründete seine Forderung damit, dass es sich bei der fraglichen Technik um so genannte „prior art“, also um eine Technik handele, die bereits vor Einreichung des Patents allgemein verfügbar gewesen sei. Das US-Patentamt schloss sich dieser Argumentation im März 2004 an. Das Patent wurde vorerst aufgehoben. Eolas legte Widerspruch ein, eine endgültige Entscheidung wird erst in rund zwanzig Monaten erwartet.
Auch Microsoft zweifelt die Gültigkeit des Patents an
„Die Inhalte der Berufung enthalten, was wir erwartet haben“, kommentierte ein Sprecher der Universität von Kalifornien den Inhalt der Berufungsschrift aus dem Hause Microsoft. Das war auch nicht anders zu erwarten. Denn das Hauptargument, das die Microsoft-Anwälte in ihrer Berufungsschrift an die erste Stelle setzen, bezieht sich selbstverständlich auf die Frage, ob das Eolas-Patent überhaupt gültig ist. Daneben zweifelt Microsoft die Höhe der Strafsumme an. Bei deren Berechnung hatte das Gericht 1,47 Dollar pro weltweit zwischen 1998 und 2001 verkaufter Windows-Kopie zu Grunde gelegt. Microsoft will allerdings nur die US-Verkäufe anerkennen, wodurch sich die Strafsumme auf 187 Millionen Dollar mehr als halbieren würde.
Kehrtwende in der Konzernstrategie
Die Strategie, derer sich Microsoft im Rechtsstreit um das Eolas-Patent bediente, ist alles andere als konsequent und in sich schlüssig. Denn kurz nachdem das erste Urteil im August letzten Jahres gefällt und Microsoft verurteilt worden war, kündigten die Konzernstrategen bereits einschneidende Änderungen im Internet Explorer an, die eine Patentverletzung für die Zukunft ausschließen sollten. Die Gültigkeit des umstrittenen Patents wurde damals offenbar nicht in Zweifel gezogen, sodass man die eigenen Aussichten auf eine erfolgreiche Berufung gegen das Urteil anscheinend für sehr gering hielt. Erst nachdem das W3C das US-Patentamt eingeschaltet und auf die Fragwürdigkeit des Eolas-Patents hingewiesen hatte, machte man auch im Hause Microsoft langsam eine Kehrtwendung, baute auf die Entscheidung des US-Patentamts und setzte die geplanten Änderungen am Internet Explorer vorläufig aus.
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