Datenschützer gegen staatliche Lizenz zum Hacken
Lizenz zum Hacken
Die Datenschützer des Bundes und der Länder trafen sich kürzlich in Erfurt zu ihrer 73. gemeinsamen Konferenz. Im Mittelpunkt stand dieses Mal die heimliche Online-Durchsuchung privater Rechner. Bundesinnenminister Schäuble fordert sei geraumer Zeit, dass die staatlichen Ermittlungsbehörden eine staatliche Hacking-Lizenz bekommen müssten, um in die Rechner von verdächtigen Terroristen oder Schwerkriminellen mit Hilfe von Trojanern eindringen zu können. Diese Spionageprogramme sollen die Online-Gewohnheiten der Zielpersonen sowie deren Festplatteninhalte ausspionieren. Terroristen und Schwerkriminelle bedienten sich zur Vorbereitung und Durchführung ihrer Straftaten heutzutage zunehmend der Kommunikationsmöglichkeiten, die das Internet zu bieten habe. Deshalb sei es ganz legitim, wenn die staatlichen Ermittlungsbehörden das Recht bekämen, die Rechner von Verdächtigen zu hacken und auszuspionieren.
BGH gegen Online-Durchsuchung
Die Datenschützer des Bundes und der Länder sehen diesen Sachverhalt ganz anders. Sie verweisen zum einen auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof, der Anfang Februar die heimliche Online-Durchsuchung privater Rechner für rechtswidrig erklärt hatte. Es fehle eine entsprechende Rechtsgrundlage, hatten die Karlsruher Richter festgestellt. Daraufhin hatte Bundesinnenminister Schäuble angekündigt, quasi im Eilverfahren dafür zu sorgen, dass eine entsprechende rechtliche Grundlage für die heimliche Online-Durchsuchung geschaffen werde.
Offenes Visier
„Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder wenden sich entschieden gegen die Einführung entsprechender Eingriffsgrundlagen sowohl im repressiven als auch im präventiven Bereich“, heißt es in der Entschließung der Datenschützer. Sie appellieren an den Gesetzgeber, „es beim bisherigen Rechtszustand des ‚offenen Visiers’ zu belassen“. Der Staat dürfe nicht jede neue technische Möglichkeit ungeachtet ihrer Eingriffstiefe zur Ausforschung einsetzen. Dies gelte auch dann, wenn „wichtige Belange“ wie z. B. die Strafverfolgung betroffen seien. Es müsse ein Raum der Privatsphäre bleiben, „der nicht durch heimliche staatliche Überwachungsmaßnahmen ausgehöhlt werden dürfe“.
Sicherheitseinbußen befürchtet
Darüber hinaus befürchten die Datenschützer massive Sicherheitseinbußen. Es sei zu erwarten, dass sich Computernutzer vor staatlicher Ausforschung zu schützen versuchten, indem sie etwa Softwaredownloads unterließen. Dadurch würden auch sicherheitstechnisch relevante Downloads unterbunden. Computer würde anfälliger gegenüber Angriffen. Gleichzeitig würden durch die Befugnis zur heimlichen Online-Durchsuchung das Ansehen des Rechtsstaates sowie das Vertrauen in die Sicherheit der Informationstechnik massiv beschädigt.
Bundesrat für genaue Prüfung
Der Bundesrat hat sich derweil gegen vorschnelle Gesetze zur verdeckten Online-Durchsuchung ausgesprochen. Einen darauf gerichteten Antrag Thüringens lehnte die Länderkammer ab. Baden-Württembergs Justizminister Ulrich Goll (FDP) mahnte „Behutsamkeit und Nachdenklichkeit“ an. Man müsse genau prüfen, wie weit man gehen könne. Dieser Meinung schloss sich Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) an. Man dürfe „nichts übers Knie brechen“, erklärte Stegner.
Gegen Datenspeicherung auf Vorrat
Die Datenschützer äußerten sich auch zur Frage der geplanten Datenspeicherung auf Vorrat. Diese sei vom deutschen Grundgesetz nicht gedeckt. „Nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist die Speicherung von Daten auf Vorrat zu nicht hinreichend bestimmbaren Zwecken verfassungswidrig“, erklärte der Thüringer Datenschützer Harald Stauch. Aufwand und zu erwartende Fahndungserfolge stünden zudem in keinem Verhältnis. Die deutschen Gesetzgebungspläne müssten bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zurückgestellt werden.
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