Wirbel um Wikipedia
„Ungefähr drei Monate“
Florence Devouard gehört zum Vorstand der Wikimedia Foundation und nahm kürzlich an der Lift07-Konferenz in Genf teil, eine Konferenz zum Thema „Herausforderungen und Chancen von Technologie in unserer Gesellschaft“, so der Untertitel der Veranstaltung. Auf dieser Konferenz nun wurde Devouard von Laurent Haug, einem weiteren Teilnehmer besagter Veranstaltung, u. a. auch zu den Wikipedia-Finanzen befragt. Haug wollte wissen, wie lange denn der Bargeldbestand der Wikipedia ausreichen würde, um den technischen Betrieb aufrecht zu erhalten. „Ungefähr drei Monate“, antwortete Devouard und schwächte diese Aussage im Nachsatz gleich noch weiter ab. Das sei ein wenig negativ ausgedrückt, meinte sie.
Aufregung im Netz
Offenbar reichte die knappe, allerdings sofort wieder eingeschränkte Aussage, dass Wikipedia nur Bargeld für drei Monate habe, um eine Medienlawine loszutreten. Insbesondere in der Bloggerszene überschlugen sich die Befürchtungen, Wikipedia könnte demnächst ihre Tore schließen und wegen Geldmangel vom Netz genommen werden. Eine Google-Blogsuche liefert erstaunliche Resultate. Helle Aufregung und „nüchterne“ Analysen von selbst ernannten Wikipedia-Kennern hielten sich die Waage. Dabei fällt auf, dass die wörtlichen Zitate, die Devouard in den Mund gelegt werden, zum Teil frei erfunden sind. Vielfach wurde auch nur die „seriöse“ Presse zitiert. Von Recherche kaum eine Spur. Stattdessen vielfach nur Gerüchteküche.
"Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen“
Wikipedia sei „stärker und stabiler als zuvor“, heißt es nun in einer offiziellen Erklärung der Wikimedia Foundation. Sie beginnt mit den Worten: „Don’t believe everything you read – Glauben Sie nicht alles, was Sie lesen“. Gleich der zweite Satz macht klar, was sowieso nie von Florence Degouard behauptet worden war: „Wikipedia macht auf absehbare Zeit nicht dicht.“ Anschließend wird ein Loblied auf die Community gesungen, die dafür sorgt, dass Wikipedia weiterleben und erfolgreich bleiben könne.
Sturm im Wasserglas
Insgesamt erweist sich die Aufregung um das vermeintliche Aus für die Wikipedia als Sturm im Wasserglas, der allerdings von etlichen Medien der „seriösen“ Presse genauso genährt wurde wie aus der Bloggerszene. Wiedergegeben wurden lediglich Gerüchte und aus dem Zusammenhang gerissene Zitate. Dabei hätte schon ein kurzer Blick auf die erfolgreiche Wikipedia-Spendenstatistiken zeigen können, dass an ein baldiges Aus des Online-Lexikons aus finanziellen Gründen keineswegs zu denken ist.
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