Die neuen Pläne aus dem Hause Google klingen, als sei es die leichteste Sache der Welt, mal eben kurz ein neues Online-Nachschlagewerk aus dem „webzwonulligen“ Cyberboden zu stampfen. „Knol“ heißt das Projekt – abgeleitet von „knowlegde“ (engl. für Wissen). Geplant ist eine Wissensplattform, deren Beiträge von freiwilligen Autoren stammen sollen. Anders als bei der Wikipedia werden die Autoren namentlich genannt. Ein weiterer Unterschied zur Mutter aller Online-Enzyklopädien: Jeder Artikel kann nur von seinem Verfasser geändert werden. Von den liberalen Prinzipien der Wikipedia ist Googles Knol somit meilenweit entfernt.
Bitte keine Werbung!
Wissen ist Macht – und eine Plattform, auf der das gesammelte Wissen der Menschheit präsentiert wird, ist vor allem ein hervorragender Werbeträger – wenn seine Inhalte qualitativ hochwertig sind und ein breites Spektrum abdecken. Wikipedia verzichtet seit Jahr und Tag auf Werbung. Wirtschaftliche Gründe sprechen eigentlich dagegen. Mit den Einnahmen, die eine werbefinanzierte Wikipedia erzielen würde, wäre der Bestand des Online-Nachschlagewerks vermutlich auf Dauer gesichert. Doch die Befürworter von Wikipedia-Werbung konnten sich nie durchsetzen. Wikipedia möchte unabhängig bleiben, wobei unterstellt wird, das jegliche Werbefinanzierung schon per se Abhängigkeiten beinhaltet. Was bitte spräche beispielsweise dagegen, wenn in der Wikipedia nur von den Wikipedianern selbst ausgesuchte Anzeigen präsentiert würden?
Autoren erhalten (Werbe-)Geld
Google hat solche Bedenken bekanntlich nicht. Im Gegenteil lebt der Suchkonzern von Werbung – und das nicht schlecht. Auch die neue Wissensplattform, die Google plant, soll Werbeanzeigen enthalten. Die Erlöse will man sich mit den namentlich genannten Autoren der Beiträge teilen – noch ein Prinzip, das dem ehrenamtlichen Konzept der Wikipedia diametral entgegengesetzt ist.
Peer-Review bei Knol
Auch sonst hat Knol mit Wikipedia kaum etwas gemein. Zwar soll auch die im Mitmachweb immer wieder beschworene „Weisheit der Massen“ dafür sorgen, dass die Artikel qualitative Standards einhalten und aktuell bleiben. Die geplante Peer-Review soll’s möglich machen. Geändert werden können die einzelnen Artikel jedoch nur von den Autoren selbst. Im Übrigen will Google keinerlei Einfluss ausüben, heißt es. Es wird nur die technische Plattform zur Verfügung gestellt, für die Inhalte sorgen andere. „Es gibt Millionen Menschen, die nützliches Wissen besitzen, das sie gern teilen würden, und es gibt Milliarden von Menschen, die davon profitieren können“, meint Google-Manager Ubi Manber in einem Blogbeitrag.
Pferdefuß im Detail
Manber hat sicherlich Recht, macht es sich jedoch ziemlich einfach. Der Pferdefuß steckt wie immer im Detail – und im Hinblick auf die Einzelheiten des Projekts gibt es noch keine konkreten Aussagen, lediglich Absichtserklärungen und Pläne. Dennoch ist vorauszusehen, dass Googles Pläne irgendwann aufgehen könnten. Nach einer Phase des Ausprobierens wird es strenge, aber höchstwahrscheinlich praktikable Regeln für die Erstellung, Erweiterung und qualitative Verbesserung von Beiträgen geben. Auch steht zu erwarten, dass Autoren, die bisher lediglich für Gotteslohn bei der Wikipedia aktiv waren, Knol als Alternative entdecken, die ihnen namentliche Anerkennung sowie ein kleines Entgelt für ihre Arbeit bieten kann. Nicht zuletzt wird Google dafür sorgen, dass die Knol-Artikel ganz oben auf den Suchergebnislisten stehen – exakt dort, wo bisher Wikipedia-Artikel platziert werden.
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