Kazaa geht und keiner weint der Musiktauschbörse eine Träne nach. Die zu ihren besten, aber längst vergangenen Zeiten unumstrittene Nummer eins auf dem Musiktauschbörsenmarkt hat sich mit der internationalen Musikindustrie geeinigt und wird seine Tauschbörsenplattform künftig mit einem Filtersystem ausstatten. Damit soll der Tausch illegaler Musik- und Filmdateien unterbunden werden. Gleichzeitig verpflichtet sich Kazaa-Hersteller Sharman Networks dazu, eine Entschädigung an die Musikindustrie in Höhe von 100 Millionen US-Dollar zahlen. Kazaa – zuletzt schadprogrammverseuchte Plattform für risikofreudige Kamikaze-Downloader, denen Sicherheit egal ist – soll zur legalen Plattform umgebaut werden. Die Gerichtsverfahren, die gegen Kazaa-Hersteller Sharman Networks in den USA und in Australien angestrengt worden waren, gelten damit als beendet.
200 Millionen Downloads
Die Musiktauschbörse Kazaa hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Einst als Nachfolger des per Gerichtsurteil geschlossenen Napster-Tauschbörsennetzes gestartet, entwickelte sich das Programm rasch zu einem Renner. Es war relativ einfach zu bedienen und versprach seinen Nutzern den unbegrenzten und zudem kostenlosen Zugriff auf das Musik-, Video- und zum Teil auch Filmangebot dieser Unterhaltungswelt. Wie viele Kazaa-Downloads es gegeben hat, weiß niemand mit Bestimmtheit zu sagen. Die Rede ist von rund 200 Millionen. Zur offiziellen Sharman-Version gesellte sich zudem bald eine inoffizielle Version, Kazaa light, hinzu – aus gutem Grund.
Werbeplattform Kazaa
Kazaa finanzierte sich über Werbung – ein lukratives Geschäft in Anbetracht der Millionen Nutzer, die sich regelmäßig weltweit über Kazaa ins Tauschbörsennetz einloggten. Eine solche Gelegenheit zum raschen Geldverdienen wollten sich auch andere Online-Werbevermarkter nicht entgehen lassen. Dazu zählte u. a. die Firma Gator, später in Claria umbenannt, die mit Sharman Networks einen Deal schloss: Gegen Beteiligung an den Werbeeinnahmen wurden an das Kazaa-Hauptprogramm als kostenlose Dreingabe zwei Programme der Firma Gator/Claria drangehängt.
Spione im Programm
Wer Kazaa wollte, musste auch die Zusatzprogramme von Gator/Claria installieren. Diese Zusatzprogramme hatten es in sich. Sie spionierten heimlich die Surfgewohnheiten des Nutzers aus und sandten die Daten an die Firmenzentrale, von wo aus der arg- und ahnungslose Musik- und Filmpirat mit passgenauer Werbung versorgt wurde. Die Kazaa-light-Version wurde ohne schnüffelnde Werbeprogramme ausgeliefert. Das ging Sharman Networks gegen den Strich. Das Unternehmen klagte ironischerweise wegen Urheberrechtsverletzung und erreichte, dass die werbefreie Kazaa-light-Version nicht mehr angeboten werden durfte.
Showdown in Australien
Kazaa galt wegen seiner hohen Nutzerzahlen lange Zeit als Synonym für Tauschbörsen und entwickelte sich in den Augen der Musikindustrie zum „Profitfeind Nummer eins“. Es darf daher nicht verwundern, dass die Musikindustrie gerade Kazaa und Herstellerfirma Sharman Networks vorrangig im juristischen Visier hatte. Die Betreiberfirma wurde mehrfach verklagt – zuletzt in Australien, wo Richter Murray Wilcox im September letzten Jahres das Schlusskapitel für Kazaa einläutete: Kazaa verstoße fortwährend gegen das Urheberrecht, folgte der Richter den Argumenten der Musikindustrie und verfügte, Kazaa möge sich bessern. Sharman Networks sollten das Programm so ändern, dass Urheberrechtsverletzung nicht mehr möglich seien. Sharman Networks sah sich zunächst außerstande, dieser Auflage innerhalb der festgesetzten Zeit von zwei Monaten nachzukommen. Für australische Nutzer wurde deshalb kurzerhand der Download der Kazaa-Software gesperrt.
Kazaa filtert
Die nunmehr besiegelte außergerichtliche Einigung zwischen Sharman Networks und den Musikindustrieverbänden Australiens und der USA baut auf der vom Gericht verfügten Auflage auf. Kazaa wird seine Inhalte filtern. Urheberrechtlich geschütztes Material soll künftig nicht mehr getauscht werden dürfen. Wie diese Filtersoftware arbeitet, wurde nicht bekannt. Außerdem verpflichtet sich Sharman Networks zur Zahlung einer Entschädigung von 100 Millionen US-Dollar an die Musikindustrie.
Ein neues Zeitalter?
Die Verbände der Musikindustrie und Sharman Networks sind mit dem nun eingeschlagenen Weg mehr als zufrieden. Sharman Networks kündigte an, Kazaa werde künftig legal arbeiten und sieht das „Heraufziehen eines neuen Zeitalters in der Zusammenarbeit zwischen P2P-Technik und der Inhalteindustrie“. Vertreter der Musikindustrie zeigen sich ebenfalls begeistert. Dies sei das „bestmögliche Ergebnis für die Musikindustrie und die Verbraucher“, heißt es. „Unsere Industrie hat einen neuen Geschäftspartner, und die Kunden erleben neue Wege, sich an Musik online zu erfreuen, und das mit mehr Auswahl.“
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