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29. September 2006:

Google und das Copyright

“Erst kommt das Suchen, dann kommt die Moral!” – Auf diesen gegen den Strich gebürsteten Nenner lässt sich ein Statement bringen, in dem David Eun, bei Suchmaschinen- und Werbefirma Google zuständig für „content partnerships“, die Haltung seiner Arbeitgeber zum Urheberrecht erläutert. Demnach respektiert Google grundsätzlich die Urheberrechte von Inhalteanbietern, was die Firma jedoch keinesfalls davon abhält, mit den Inhalten anderer Geld zumindest indirekt zu verdienen. Nötig gewesen war Euns grundsätzliche Verbeugung vor dem Urheberrecht, weil Google in den letzten Wochen und Monaten in etliche Urheberrechtsstreitigkeiten – zuletzt in Brüssel mit belgischen Zeitungsverlegern – verwickelt worden war.

Gewohnt Blumiges von Google
Wenn es nach Google ginge, gäbe es in Urheberrechtsfragen niemals Streitigkeiten. Die Google-Macher fühlen sich als universelle Informationsvermittler, die „die Barrieren, die zwischen Menschen und Information bestehen“, einreißen wollen. Der Zugriff auf das Wissen der Menschheit werde durch Google demokratisiert, meint David Eun. Jeder Google-Nutzer gelange an jede gewünschte Information, es sei denn, sie ist urheberrechtlich geschützt. Exakt hier liegt das Problem für eine Suchmaschine, die zudem etliche spezielle Suchdienste etwa für Bücher oder Zeitungsartikel in ihrem Repertoire hat. Google besitzt die Informationen nicht, zu denen die Suchmaschinenbetreiber den Google-Nutzern einen einfachen Zugang verschaffen wollen. Aber das sei grundsätzlich auch nicht weiter schlimm, meint David Eun, Googles Mann fürs Copyright.

„Wir respektieren das Urheberrecht“
Google respektiere in allen seinen Webdiensten das Urheberrecht, stellt David Eun unmissverständlich klar. Das Urheberrecht erlaube es grundsätzlich, dass über fremde Inhalte berichtet und aus ihnen zitiert werde. Die Rechteinhaber profitierten gar davon, meint Eun. Ihre Werke würden dadurch nur bekannter. Das öffentliche Interesse werde geweckt. Entsprechendes gelte für Google News. „Wir indexieren die Inhalte tausender Online-Nachrichtenquellen“, sagt Eun. „Wenn ein Nutzer Google News ansurft, dann sieht er nur die Überschriften, Textschnipsel und Miniaturbilder der relevanten Nachrichtenartikel. Wer die Geschichten lesen will, muss die Links auf unseren Google-News-Suchergebnislisten anklicken.“ Dieses Verfahren sei urheberrechtlich völlig unbedenklich.

Keine Lizenz zum Lizenzieren
Google respektiere in allen seinen Webdiensten den erklärten Willen der Rechteinhaber, führt Eun weiter aus. Wenn es ein Rechteinhaber ausdrücklich wünscht, werden seine Webseiten aus dem Google-Suchindex ebenso wie aus der Liste der für Google News durchsuchten Nachrichtenquellen gelöscht. Abmelden ist also immer möglich. Der umgekehrte Weg, dass nur gelistet werden dürfe, wer sich explizit auch angemeldet habe, sei für eine Suchmaschine völlig inakzeptabel. „Google hat das Ziel, umfassende Suchergebnisse zu liefern“, erklärt David Eun. Das aber wäre völlig unmöglich in einer Welt, wo man allein zum Indexieren schon um Erlaubnis bitten müsste.

Alle sind glücklich
„Wenn nach einem Inhalt nicht gesucht werden kann, wie kann er dann gefunden werden?“, fragt David Eun rhetorisch und schiebt die Antwort stante pede hinterher: Am Ende würden alle von Googles Umgang mit dem Urheberrecht profitieren: die Suchmaschinennutzer ebenso wie die Inhalteanbieter – und selbstverständlich auch die Suchmaschinenfirma selbst. Das aber erwähnt Googles Mann fürs Copyright mit keinem Wort.

Google verdient indirekt an fremden Inhalten
Google stellt seine Dienstleistung „Suchen und Finden von Webinhalten“ zwar kostenlos zur Verfügung. Die Suchmaschine finanziert sich jedoch über Werbung. Je mehr fremde Inhalte Google in seinen Suchdiensten verlinkt, desto attraktiver wird der Suchdienst für potenzielle Nutzer und desto mehr Nutzer klinken sich bei Google ein. Höhere Nutzerzahlen produzieren höhere Werbeeinnahmen, sodass sich Google am Ende indirekt über die verlinkten Inhalte finanziert. Der geschützte Einzelinhalt, die verlinkte Webseite, die einzelne in Google News präsentierte Nachrichtenquelle ist dabei für sich genommen nahezu bedeutungslos. Die Menge macht’s und bringt Suchmaschinenunternehmen wie Google Kunden und Werbeeinnahmen ins Haus.

Keine Werbung auf Google News
Dieser Zusammenhang würde jedermann sofort ins Auge springen, gäbe es auch auf Google News Werbung. Bisher haben die sonst so geschäftstüchtigen Suchmaschinenbetreiber hier auf Werbeschaltungen verzichtet. Aus gutem Grund. Rechtsexperten befürchten, dass die Google-Chefs in diesem Falle schlechte Karten hätten und mit Klagen von Rechteinhabern überschüttet würden, die es nicht einsähen, dass Google mit ihren – wenn auch gekürzten Inhalten – Geld verdiene.

Google News wirbt für Google
Google News bringt der Suchmaschine derzeit also keine direkten Einnahmen. Indirekt profitiert die Suchmaschine aber dennoch finanziell von Google News. Dieser Nachrichtendienst macht die Suchmaschine attraktiver. Sie führt ihr neue Kunden zu und bindet alte. Sie ist für das börsennotierte Unternehmen Google und seine werbefinanzierten Dienste eine kostengünstige Werbung, die nur funktionieren kann, wenn die großen Inhalteanbieter zahlreich mitspielen – egal wie altruistisch und menschheitsbeglückend verbrämt die Suchmaschinenmanager in ihren blumigen Sonntagsreden die Funktion von Google News und anderen Diensten auch umschreiben mögen.

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© Alfred Krüger http://www.akrue.de/